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Nordrhein-Westfalens bundespolitische Bedeutung

 

Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai 2010 hat auch eine weitreichende bundespolitische Bedeutung. Es ist die letzte Landtagswahl für zehn Monate, und von dieser Landtagswahl hängt die Zusammensetzung des Bundesrates für Regierung und Opposition in entscheidender Weise ab.

Zur Zeit verfügen die CDU-regierten Länder über 43 Stimmen, von denen 37 Stimmen durch schwarz-gelb regierte Länder gehalten werden. Die SPD verfügt im Bundesrat zur Zeit über 15 Stimmen und große Koalitionen aus CDU und SPD (Sachsen-Anhalt, Thüringen), beziehungsweise aus SPD und CDU (Mecklenburg-Vorpommern) halten 11 Stimmen im Bundesrat. Die absolute Mehrheit, die für Entscheidungen im Bundesrat notwendig ist, liegt bei 35 Stimmen. Derzeit verfügt die Bundesregierung im Bundesrat somit über eine knappe Mehrheit, wenn man davon ausgeht, daß die CDU-Regierungen mit Beteiligung der Grünen oder der SPD für die CDU in Streitthemen zwischen Regierung und Opposition nicht nutzbar sind.

Dabei darf natürlich nicht außer Acht gelassen werden, daß nicht nur die politische Farbenlehre bei Abstimmungen im Bundesrat eine Rolle spielen, sondern auch die Interessen der jeweiligen Länder. Insofern kann die CDU/CSU/FDP-Koalition auch jetzt schon nicht davon ausgehen, daß sie ihre Projekte in der gegenwärtigen Konstellation reibungslos durch den Bundesrat bekommen kann und wird.

Die Aussichten, sich mit dem Bundesrat in strittigen Fragen zu einigen, dürften indes für die Bundesregierung besser stehen, wenn in Nordrhein-Westfalen die schwarz-gelbe Regierung bestätigt wird. In Nordrhein-Westfalen wird mit der Landesregierung auch über 6 Stimmen im Bundesrat entschieden, deren Verlust die gegenwärtige Bundesregierung schmerzlich zu spüren bekommen würde. Wenn in Nordrhein-Westfalen nach der Bundestagswahl eine rot-grüne Regierung gebildet würde, gingen sechs Stimmen im Bundesrat von CDU/FDP zu SPD/Grüne über. Zwar kämen die CDU-geführten Länder nach einer solchen Wahlentscheidung nach wie vor auf 37 Stimmen, hier wären jedoch auch die Stimmen mit Regierungsbeteiligung der Grünen eingerechnet, auf die die CDU mutmaßlich bei Streitthemen zwischen Bundesregierung und Bundes-Opposition nicht zurückgreifen könnte.

Die SPD-geführten Regierung würden ihren Stimmenanteil im Bundesrat auf 21 Stimmen ausbauen, der »neutrale« Block der großen Koalitionen blieben bei elf Stimmen. Dies zeigt, daß auch eine große Koalition für die CDU aus bundespolitischen Überlegungen nicht wünschenswert wäre, denn gingen die sechs Stimmen in den »neutralen« Block der großen Koalitionen zwischen CDU und SPD über, wäre nach wie vor die Mehrheit im Bundesrat für die schwarz-gelbe Regierung verloren. Die Projekte Kopfpauschale, Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke und Steuersenkungen wären auf absehbare Zeit für die Bundesregierung nicht umsetzbar, zumal bei all diesen Themen auch zu den Grünen Differenzen bestehen, mit denen die CDU im Saarland und in Hamburg in Koalitionen steht.

Für die Opposition auf Bundesebene ist die Wahl in Nordrhein-Westfalen für zehn Monate die letzte Gelegenheit, eine schwarz-gelbe Gestaltungsmehrheit im Bundesrat zu verhindern. Die nächsten Landtagswahlen finden im März 2011 statt, wobei in Sachsen-Anhalt (CDU/SPD; 4 Stimmen im Bundesrat), Baden-Württemberg (CDU/FDP, 6 Stimmen) und in Rheinland-Pfalz (SPD, 4 Stimmen) gewählt wird. Würde Nordrhein-Westfalen weiterhin schwarz-gelb regiert, müßte die SPD in Baden-Württemberg zumindest eine große Koalition herbeiführen, jene in Sachsen-Anhalt erhalten und zudem auch Rheinland-Pfalz als SPD-regiertes Land halten, wollte sie die Dominanz der schwarz-gelben Bundesregierung im Bundesrat brechen. Weitere Landtagswahlen, die im Laufe des Jahres 2011 stattfinden, wären dann jene in Bremen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, in denen die SPD bereits regiert oder mit der CDU einer großen Koalition (Mecklenburg-Vorpommern) steht. Bei den letztgenannten drei Wahlen könnten sich die Mehrheitsverhältnisse allenfalls zum Vorteil der Bundesregierung verschieben. Die SPD hätte indes bei diesen Wahlen nur die Möglichkeit, die Länder und damit die Stimmen im Bundesrat zu halten, jedoch könnte sie keine Zuwächse erlangen, die die Mehrheit der CDU/CSU/FDP-geführten Bundesregierung gefährdeten, sollte die Wahl in Nordrhein-Westfalen zugunsten von schwarz-gelb ausgehen.

Weil ein Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen für die SPD eher zu bewerkstelligen wäre als in Baden-Württemberg, kommt es jetzt für die SPD entscheidend darauf an, diese Wahl zu gewinnen, zumindest aber in einer Koalition mit der CDU dafür zu sorgen, daß Nordrhein-Westfalen im Bundesrat in den »neutralen« Block wechselt. Dies erklärt, warum die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen für alle Parteien eine entscheidende bundespolitische Bedeutung hat, was sich auch darin niederschlägt, daß die Parteien in diesem Wahlkampf auch viel bundespolitische Prominenz aufbieten.

© Udo Ehrich, 04.05.2010